Donnerstag, 1. November 2012

Bundesregierung verabschiedet Gesetzentwurf für längeren Schutz von Tonaufnahmen


Das Bundeskabinett hat am gestrigen Mittwoch einen Entwurf (PDF-Datei) zur "8. Änderung des Urheberrechtsgesetzes" beschlossen, mit dem die Schutzdauer für Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre ausgeweitet werden soll. Als Profiteure bezeichnet das Papier vor allem die beteiligten ausübenden Künstler und die Hersteller von Tonträgern. Bislang verfallen die entsprechende Rechte 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Danach wird die Aufnahme allgemeines Kulturgut. Künftig soll eine 20 Jahre längere Schutzfrist gelten.

Das Vorhaben eröffne den Beteiligten die Chance, "sich an der wirtschaftlichen Entwicklung in dem geregelten Bereich weiterhin zu beteiligen", heißt es in dem Entwurf. Vor allem Tonträgerherstellern werde es ermöglicht, die produzierten Medien "länger kommerziell zu verwerten". Die Regierung betont aber auch, dass die Preise urheberrechtlich noch geschützter Aufnahmen von Darbietungen ausübender Künstler nicht zwingend über den Preisen für nicht mehr geschützte lägen.

"Auch wenn ausübende Künstler älter werden, sollen sie an den Werken verdienen können, die sie in jungen Jahren geschaffen haben", begründete der parlamentarische Staatssekretär im federführenden Bundesjustizministerium, Max Stadler, die Initiative. Zugleich werde sichergestellt, dass die Künstler an Mehreinnahmen der Tonträgerhersteller beteiligt werden.

Vorgesehen ist, dass Interpreten von zusätzlichen Umsätzen, die etwa durch Vervielfältigung, Vertrieb und Veröffentlichung eines geschützten Werks unter anderem im Internet erzielt werden, 20 Prozent abbekommen. Verwertungsgesellschaften sollen die Vergütungen jährlich an die Künstler auszahlen, die ihre Rechte gegen eine einmalige Zahlung an eine Produktionsfirma abgetreten haben. Vorschüsse oder vertraglich festgelegte Abzüge dürfen im Anschluss an das 50. Jahr nach der "rechtmäßigen Veröffentlichung" oder öffentlichen Wiedergabe nicht gekürzt werden.

Der Vorstoß, der einen Referentenentwurf des Justizressorts ohne relevante Änderungen übernimmt, will eine 2009 verabschiedete EU-Richtlinie umsetzen. Außen vor bleiben nach dem Willen der Kommission in Brüssel zunächst Musik-DVDs. Hier soll erst anhand erster Erfahrungswerte aus den Mitgliedsstaaten geprüft werden, ob die Regeln auf diesen Bereich ausgedehnt werden können. Einnahmen aus der Vermietung sonstiger Tonträger, der öffentlichen Sendung und Wiedergabe sowie aus Zahlungen für private Kopien werden ebenfalls nicht einbezogen.

Von der Verlängerung der Frist werden Aufzeichnungen von Darbietungen ausübender Künstler und Tonträger erfasst, deren Schutz am 1. November 2013 noch nicht erloschen ist, sowie nach diesem Stichtag entstehende Werke. Wenn ein Tonträgerproduzent die Aufzeichnung einer Darbietung, die ohne die Verlängerung der Schutzdauer gemeinfrei wäre, nicht in einer ausreichenden Anzahl von Kopien zum Verkauf anbietet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, so hat der ausübende Künstler nach Ablauf des 50. Schutzjahres künftig ein Kündigungsrecht. In diesem Fall fallen die Rechte an ihn zurück.

Die Auswirkungen des Vorstoßes, der noch den Bundestag passieren muss, kann die Regierung noch nicht im Detail angeben. Die Schutzfrist werde sich für eine "nicht bezifferbare Anzahl" von Musikkompositionen mit Text verlängern, ist im Entwurf nachzulesen. Insgesamt sei "mit quantifizierbaren Auswirkungen des Gesetzes auf das Preisniveau" nicht zu rechnen. Kritiker monieren, dass es schon auf EU-Ebene weniger um die Künstler als vielmehr um die Pfründe der übrigen Rechteinhaber und der Musikindustrie gegangen sei.

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