Dienstag, 2. April 2013

Die "Evaluierung" der Anti-Terror-Datei: Unabhängig geht anders


Die Anti-Terror-Datei (ATD) hat die Zusammenarbeit zwischen Polizeien und Geheimdiensten verbessert und sich insofern bewährt. Das ist der Tenor eines Evaluierungsberichts (PDF-Datei) zu der umstrittenen und vom Bundesverfassungsgericht überprüften Datenbank, den die Bundesregierung jetzt veröffentlicht hat. Konkrete Ermittlungserfolge oder Maßnahmen zum Verhindern terroristischer Anschläge könnten den durchgeführten Abfragen zwar nicht zugeordnet werden, da das System vor allem der "Kontaktanbahnung" zwischen den unterschiedlichen Behörden diene. Die Nutzungshäufigkeit und Rückmeldungen der Anwender belegten aber, dass das Instrument recht häufig zum Auffinden von Informationen mit Bezug auf den internationalen Terrorismus genutzt werde.

Dem Report nach blieb die Zahl der in der ATD erfassten rund 18.000 Personen nach ihrem Aufbau seit 2008 annähernd konstant. Der Anteil der mit abgespeicherten Kontaktpersonen habe im Untersuchungszeitraum 2007 bis 2011 tendenziell abgenommen und zuletzt bei 18,5 Prozent gelegen. Der überwiegende Teil der Informationen stamme vom Bundesnachrichtendienst mit etwa 46 Prozent, gefolgt vom Bundeskriminalamt (BKA) und den Landeskriminalämtern (LKAs) mit 31 Prozent. Während der Analysezeit seien rund 300.000 Suchabfragen durchgeführt worden, die etwa 1,4 Millionen Treffer ergeben hätten. Die Nutzungen, die von zunächst jährlich knapp 50.000 auf rund 67.000 pro Anno gestiegen seien, erfolgten zu 79 Prozent beim BKA und den LKAs.

Die "erweiterten Grunddaten", die erste Bewertungen erlauben und nicht automatisch einzusehen sind, nahmen Fahnder der Unterrichtung nach insgesamt im Nachgang zu etwa 1000 Suchabfragen in Augenschein. Von der Eilfallklausel, wonach die Zusatzinformationen zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr unmittelbar abgerufen werden dürfen, sei nur einmal Gebrauch gemacht worden. Insgesamt würden die Daten "intensiv gepflegt", Datenschutzkontrollen seien mithilfe der vorhandenen Server zur Protokollierung der Nutzung "fest etabliert".

Als Problem macht die Untersuchung die Tatsache aus, dass 47 Prozent der befragten Anwender die Bedienoberfläche der auf dem INPOL-System basierenden Benutzeroberfläche der Datei als nicht sonderlich nutzerfreundlich eingestuft hätten. Kritik komme hier vor allem von den Nachrichtendiensten, die vorab keine Erfahrungen mit der in die Jahre gekommenen Polizeidatenbank gesammelt hätten. Dazu sei es bis Mitte vergangenen Jahres bei geschätzten 920 Einträgen noch nicht gelungen, Dubletten aus der Mehrfachanlage von Dateien durch unterschiedliche Behörden auszumerzen.

Das Trennungsgebot zwischen polizeilicher und geheimdienstlicher Arbeit sieht die Untersuchung nicht verletzt, da die Befugnis zum Verarbeiten personenbezogener Daten aus beiden Bereichen "nicht zu einer Verschmelzung der entsprechenden Behörden führt". Beide Seiten gingen nach wie vor jeweils ihren besonderen Aufgaben nach. Auch Sicht der Anwender empfiehlt der Bericht sogar, einen systematischen "Datenaustausch" zwischen beiden Parteien angesichts "weiterhin erheblicher Bedrohungen" gesetzlich zuzulassen.

Die Evaluierung führte ein vom Bundesinnenministerium in Kooperation mit der Beratungsfirma Rambøll Management Consulting bestelltes Team durch. Experten wie der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar drängen dagegen seit Längerem auf eine unabhängige Gesetzesüberprüfung anhand "wissenschaftlicher Kriterien". Die ATD und andere Sicherheitsgesetze werden derzeit auch von einer Regierungskommission "losgelöst vom politischen Tagesgeschäft" beleuchtet.

Langfassung eines Beitrags für heise online.

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