Das Bundeskabinett hat am gestrigen Mittwoch einen Entwurf
(PDF-Datei) zur "8. Änderung des Urheberrechtsgesetzes" beschlossen, mit
dem die Schutzdauer für Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre ausgeweitet werden
soll. Als Profiteure bezeichnet das Papier vor allem die beteiligten ausübenden
Künstler und die Hersteller von Tonträgern. Bislang verfallen die entsprechende
Rechte 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Danach wird die Aufnahme
allgemeines Kulturgut. Künftig soll eine 20 Jahre längere Schutzfrist gelten.
Das Vorhaben eröffne den Beteiligten die Chance, "sich
an der wirtschaftlichen Entwicklung in dem geregelten Bereich weiterhin zu
beteiligen", heißt es in dem Entwurf. Vor allem Tonträgerherstellern werde
es ermöglicht, die produzierten Medien "länger kommerziell zu verwerten".
Die Regierung betont aber auch, dass die Preise urheberrechtlich noch geschützter
Aufnahmen von Darbietungen ausübender Künstler nicht zwingend über den Preisen
für nicht mehr geschützte lägen.
"Auch wenn ausübende Künstler älter werden, sollen sie
an den Werken verdienen können, die sie in jungen Jahren geschaffen
haben", begründete der parlamentarische Staatssekretär im federführenden
Bundesjustizministerium, Max Stadler, die Initiative. Zugleich werde
sichergestellt, dass die Künstler an Mehreinnahmen der Tonträgerhersteller
beteiligt werden.
Vorgesehen ist, dass Interpreten von zusätzlichen Umsätzen,
die etwa durch Vervielfältigung, Vertrieb und Veröffentlichung eines geschützten
Werks unter anderem im Internet erzielt werden, 20 Prozent abbekommen. Verwertungsgesellschaften
sollen die Vergütungen jährlich an die Künstler auszahlen, die ihre Rechte
gegen eine einmalige Zahlung an eine Produktionsfirma abgetreten haben. Vorschüsse
oder vertraglich festgelegte Abzüge dürfen im Anschluss an das 50. Jahr nach
der "rechtmäßigen Veröffentlichung" oder öffentlichen Wiedergabe
nicht gekürzt werden.
Der Vorstoß, der einen Referentenentwurf des
Justizressorts ohne relevante Änderungen übernimmt, will eine 2009
verabschiedete EU-Richtlinie umsetzen. Außen vor bleiben nach dem
Willen der Kommission in Brüssel zunächst Musik-DVDs. Hier soll erst anhand
erster Erfahrungswerte aus den Mitgliedsstaaten geprüft werden, ob die Regeln
auf diesen Bereich ausgedehnt werden können. Einnahmen aus der Vermietung
sonstiger Tonträger, der öffentlichen Sendung und Wiedergabe sowie aus
Zahlungen für private Kopien werden ebenfalls nicht einbezogen.
Von der Verlängerung der Frist werden Aufzeichnungen von
Darbietungen ausübender Künstler und Tonträger erfasst, deren Schutz am 1.
November 2013 noch nicht erloschen ist, sowie nach diesem Stichtag entstehende
Werke. Wenn ein Tonträgerproduzent die Aufzeichnung einer Darbietung, die ohne
die Verlängerung der Schutzdauer gemeinfrei wäre, nicht in einer ausreichenden
Anzahl von Kopien zum Verkauf anbietet oder der Öffentlichkeit zugänglich
macht, so hat der ausübende Künstler nach Ablauf des 50. Schutzjahres künftig
ein Kündigungsrecht. In diesem Fall fallen die Rechte an ihn zurück.
Die Auswirkungen des Vorstoßes, der noch den Bundestag
passieren muss, kann die Regierung noch nicht im Detail angeben. Die
Schutzfrist werde sich für eine "nicht bezifferbare Anzahl" von
Musikkompositionen mit Text verlängern, ist im Entwurf nachzulesen. Insgesamt
sei "mit quantifizierbaren Auswirkungen des Gesetzes auf das
Preisniveau" nicht zu rechnen. Kritiker monieren, dass es
schon auf EU-Ebene weniger um die Künstler als vielmehr um die Pfründe der übrigen
Rechteinhaber und der Musikindustrie gegangen sei.
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